Zwei Drittel der Deutschen haben pazifistische Grundhaltung
März 2007 Leserbrief in der schweizer Wochenzeitschrit ZEIT-FRAGEN
Wie das Institut für Sozialforschung der Bundeswehr (hervorgegangen aus der Schule der Bundeswehr für psychologische Verteidigung, also eine Einrichtung, die es wissen muß) herausgefunden hat, «verfügen rund zwei Drittel der Deutschen über eine pazifistische Grundhaltung». Eines der edlen Kriegsziele der Nato-Soldaten, wie ein Zeitungskommentator meint, sei der Kampf für die Popmusik, den wir den Afghanen nicht allein überlassen können. Wer Michael Jackson oder Tokio Hotel nicht mag, dem muß man demnach mit Bomben und Granaten beikommen. Nach genügend Gewaltanwendung werden diese wilden Bergvölker auch noch Coca-Cola trinken und Big Mac essen lernen, um so die Segnungen westlicher Zivilisation voll auszukosten. Auch für die Frauenrechte kämpfen unsere Soldaten dort, heißt es weiter im Kommentar. Weiß der Verfasser nicht, daß die Rechte der Frauen in diesem Land zur Zeit der sowjetischen Besetzung schon einmal weitgehend garantiert waren? Nun eben im Interesse einer anderen imperialen Großmacht. Indem sich westliche Geheimdienste der religiös-fundamentalen Taliban bedienten, um mit deren Hilfe die Russen aus dem Land zu werfen, kam es erst zum Rückfall ins Mittelalter. Doch wer gibt uns das Recht, in diesem leidgeprüften und doch stolzen und freiheitsbewußten Volk nach unserem Gutdünken ein uns genehmes politisches System zu installieren? Paul Schäfer (Bundestagsabgeordneter in der Fraktion Die Linke) sagte am 28. Februar im Bundestag: «Afghanistan gilt als das erste Beispiel eines von außen erzwungenen Regimewechsels [?]. Ich glaube, dieser Weg führt in die Sackgasse. Wir sollten umkehren, ehe es zu spät ist.» Und auch vom bürgerlichen Lager hört man kritische Stimmen. MdB Willy Wimmer (CDU) erklärte in Übereinstimmung mit seinem Kollegen Dr. Peter Gauweiler (CSU) in gleicher Sitzung, dass der geplante Einsatz mit dem Völkerrecht nicht gedeckt ist. «Wegen erheblicher Bedenken sowohl verfassungsrechtlicher als auch völkerrechtlicher sowie strafrechtlicher und völkerstrafrechtlicher Art» baten diese Abgeordneten den Bundestagspräsidenten, den Tagesordnungspunkt wieder abzusetzen. Mit dem sogenannten Krieg gegen den Terrorismus, bei dem offensichtlich alle Mittel gerechtfertigt erscheinen, wie Entführung, Folter, Schweigelager usw., werden nach meiner Meinung erst die Feinde geschaffen, die man zu bekämpfen ausgibt. Und das alles zu kritisieren ist wohl alles andere als naiv.